Donnerstag, 17. September 2015

Ein Schanzenlaufer für Weimar



Für die diesjährige Reisegesellschaft in das Weimar der Frühromantik musste ich noch meine Garderobe ein wenig komplettieren. Im September kann es in Thüringen ja schon ein wenig kühl und regnerisch werden, da könnte ein schützendes Kleidungsstück vonnöten sein .

For this years toursit party to the Weimar of the early romantics I had to complete my wardrobe. September can be chilly and wet in Thuringia, one needs protective clothes.

Beim Stöbern auf Pinterest sind meine Augen immer wieder sehnsuchtsvoll bei einem Mantel hängen geblieben, der sich in der Sammlung des Metropolitan Museum in New York befindet.
Foto: Met. Mus. NY
Er ist von einer wunderbar lässigen Eleganz und so zeitlos, dass ich ihn am liebsten auch im Alltag tragen würde. Ich finde ihn einfach todschick. Den wollte ich haben, und da für die Tage in Weimar auch eine Landpartie zu Schloss Belvedere angekündigt war, hatte ich erst recht einen Grund, ihn nachzuarbeiten.

Whilst browsing throught Pinterest my eyes, again and again, wandered longingly to a coat which can be found in the Metropolitan Museums collection in New York.
It's wonderful casual elegance is so timeless that I'd actually wear it on a day to day basis. I just love it. I wanted this coat, and since there was an outing planned in Weimar, to visit Belvedere manor, I had the perfect excuse to reconstruct it.

Sabine (Kleidung um 1800) wies mich darauf hin, dass diese Art Redingote im Journal des Luxus und der Moden  unter dem Begriff "Schanzenlaufer" erwähnt wird. In der Novemberausgabe des Jahres 1800 ist auf der Kupfertafel 32  " eine junge deutsche Dame in einem Schanzenlaufer oder schwarzem Ueberrock von Casimir nach neuester Mode" abgebildet. Der Autor weist in der Beschreibung darauf hin, dass dieses Kleidungsstück als erstes von den Amsterdamer Damen aus Patriotismus getragen worden sein soll und meint abschließend, dass es gewiss eine gesunde und bequeme Herbsttracht sei. Eine zweite Erwähnung findet sich im Journal aus dem folgenden Jahr im Mai, in einem Bericht aus London: "Zu Ehre des Sieges bei Copenhagen tragen jetzt die englischen Damen beim Morgenausgange Oberröcke, die man Copenhague-Coats nennt. Es sind die Schanzenlaufer der Holländerinnen mit einer kleinen Veränderung des Schnitts." Von der lieben Svenja erhielt ich den Hinweis auf die Nennung des Schanzenlopers bei Caroline des la Motte Fouques "Geschichte der Moden" als mantelartige Bekleidung der Schanzenarbeiter in Holland und den Niederlanden.
Auch in der Schweiz war der Begriff "Schanzenloper" geläufig - obschon er in meinen Ohren ganz unschweizerisch kingt . Im Zürichischen Wochenblatt von 1805 findet man ihn in der Warenaufzählng eines Kleiderladens am Rindermarkt. Das Schweizerische Idiotikon  beschreibt den Schanzenloper als "langer und weiter, aus dickem Stoff gefertigter, meist mit Pelz verbrämter Überrock für Männer", der gewöhnlich nur zu Hause getragen wurde oder als großen Nachtrock. Im Z(üricher) Spital wurden so die Schlafröcke der Männer genannt, dort bestand sogar ein eigener Schanzenloper-Fond zur Anschaffung der selben. 1799 findet sich die Bezeichnung in einer Züricher Schneiderrechnung. Schanzen-Lopper wird 1835 in Zürich ein leichter Überrock  genannt. Die Anmerkung weist daraufhin, dass das niederdeutsche-niederländische Wort wohl mit der Sache vom Norden in die Schweiz gelangt sei.

Sabine ( Kleidung um 1800 ) informed me, that this kind of redingote showed up in the "Journal des Luxus und der Moden" under the name "Schanzenlaufer". The november Volume of the year 1800 contains the fashion plate 32 "eine junge deutsche Dame in einem Schanzenlaufer oder schwarzem Ueberrock von Casimir nach neuester Mode" (a young german girl wearing a Schanzenlaufer or a black overcoat made of Casimir after the latest fashion). The author adds in the describtion that this sort or clothing was first worn by patriotic women in Amsterdam, and closes with the statement that it would very well be a sensible and comfortable autumn garb.
A second reference can be found in the folowing years Journal, in the may volume. A report from London states "To honour the Copenhague victory, the women are now wearing so called Copenhague-Coats for their morningwalks. They are the Schanzenlaufer of the dutch women with slight alterations to the cut." Dear Svenja told me about a reference to a Schanzenloper in Caroline des la Motte Fourques "Geschichte der Moden" (History of fashions) as a coatlike garnment worn by the redoubt workers in Holland and the Netherlands.
Even in Switzerland the name "Schanzeloper" was known, even tho it sounds so un swiss to my ears. in the Zürichischen Wochenblatt von 1805 you can find it amongst the stock lists of a swiss fashion shop at the Rindermarkt. The  Schweizerische Idiotikon describes the Schanzenloper as "long and wide mens overcoat fashioned from thick fabric and lined with fur." which usually was worn at home or as some sort of a Banyan. In the Zurich infermery the mens nightgowns were called Schanzenloper, they even had their own stock of such garnments. One can find the term on a 1799 aquisition bill from a Zurich taylor. in 1835 Schanzen-Lopper is the term for a light overcoat. A reference explains that the dutch / german word traveled alongside the garnment into switzerland.

Das Original in New York, wird vom Museum auf etwa 1790 datiert, stammt aus Europa und ist aus einem leicht knittrigem sandfarbenem Baumwollstoff gearbeitet.  Einzige Dekoration sind die schwarzen Einfassungen an Kragen und Ärmelaufschlägen. Mit seiner Pelerine und den angedeuteten Taschenklappen auf der Rückseite lehnt sich die Form des Mantels an die Herrenbekleidung an. Am Oberkörper ist er schmal geschnitten und springt nach unten hin weit auf, an den Seiten sind zusätzlich Keile eingesetzt, die zu mehr Weite verhelfen sollen.

The original from New York is dated by the museum to 1790, of european origin and is fashioned from a slightly wrinkled sand coloured cotton fabric. The only piece of decoration are the black lining on the collar and sleves. With the tippet and the hinted pocket flaps at the back, the coat is similar to a mens coat. Cut narrow on the upper body and opening wide towards the bottom, wedges are added in the sides to give it further width. 

Für die Nachbildung wählte ich einen mittelschweren Canvas (Sabine hat mir bei der Suche nach dem geeigneten Stoff hilfreich zu Seite gestanden). Ich hab ihn zuerst gewaschen, um die steife Appretur zu entfernen und danach ganz zart gefärbt. Den Farbton des Originals habe ich nicht genau hinbekommen, aber es gefällt mir so wie es ist.

For my reconstruction I chose a middle weight canvas (Sabine kindly helped me with the search for a good fabric). I washed it to get rid of the stiff dressening and then carefully dyed it. I didn'T manage the colour of the original 100% but I like it the way it is. 

Am Schnitt habe ich eine ganze Weile herumgetüftelt, ob ich ihn genau getroffen habe, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Aber im Großen und Ganzen, fällt der Mantel wie das Vorbild. Die Ärmel sind aus zwei Teilen zusammengesetzt und recht eng und mit "Armbeuge"geschnitten. Die Aufschläge haben eine hübsche Rundung am Rand und sind mit schwarzem Band eingefasst.

The pattern was a piece of work and it took me quite a while to fit it propperly. I can't say if i managed the original pattern but on the whole the coat falls and looks like the orginal. The sleves are made of two pieces, quite tight and cut with an "ellbow crook". The cuffs have a nice rounding on the edge and are lined with the black ribbon.


Die Pelerine habe ich doppellagig (anders als beim Original) gearbeitet, damit sie schöner fällt und gegen Regen Schutz bietet. Sie wird von einem aufgenähten schwarzen Band umrandet. Der Mantel ist nur im oberen Bereich und den Ärmeln gefüttert. Beim Vorbild im Metropolitan Museum scheint das Futter eine Art aufgerauhter Barchent zu sein, was sicher auch einen wärmenden Effekt haben sollte. Ich entschied mich für dicht gewebtes Leinen.

Differing from the original is the tippet which I double layered to give it a bit more form and to have a bit more protection from the rain. It also is framed by the black ribbon.
The coat is only lined in the upper body and sleves. It seems the original lining is made of barracan, which certainly has a warming aspect to it. I decided on tightly woven linnen.


Die Verarbeitung des festen Canvas war recht mühsam, mit einer dickeren Nadel ist er kaum zu durchdringen, dafür musste so manche der dünneren Exemplare verbogen in den Mülleimer wandern. Viele lange Nähte waren zu bewältigen, und Weimar rückte unaufhaltsam näher. Zum Glück wird mir beim Autofahren nicht schlecht, und ich konnte die Anreise für die letzten Arbeiten an dem guten Stück nutzen.

The handling of the firm canvas was really tedious, it was near to impossible to penetrate it with a thicker needle, leading to a lot of bend and broken thin needles wanderin into the litter bin. A lot of long seams were to conquer, and Weimar was drawing close. Luckily for me I don't get travel sick in a car, so I was able to use the drive towards Weimar for the finishing touches.




Ich war wohl die Einzige der Weimarer Reisegesellschaft, die sich über das durchwachsene Wetter beim Ausflug zum Schloss Belvedere gefreut hat...

I think I might have been the only one glad about the unsteady weather on the Belvedere outing....


Foto: Eliane Caramanna

5 Kommentare:

  1. Aaah! So ein schicker Mantel! Das beweist wieder, wie modern historische Dinge sein können. Der steht Dir so gut, den könntest Du auch jetzt tragen! Superschön geworden!

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  2. Dankeschön fürs Lob! Wenn der Mantel nicht so eng geschnitten wäre, würde ich ihn glatt alltags tragen.

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