Samstag, 24. Juni 2017

Von der abenteuerlichen Reise über den Goldenen Steig Anno Domini 1810.



Im Frühsommer des Jahres 1810 schlossen sich die Haubenmacherin Caroline Holpriger und die Seifensiederin Rosa Schulte-Menken  einem Handelszug über den Goldenen Steig im Bayerischen  Wald an, um in dem schönen Örtchen Finsterau auf einem Markte ihre Waren zum Verkauf anzubieten.  Der mit allen Reisenden und Kutschern 35  Personen umfassende Zug wurde auch von einer Gruppe Telegraphen - angeleitet durch den Obertelegraphen Bommel -   begleitet, welche die Gegend nach geeigneten Platzen für die Errichtung von Telegraphenmasten untersuchen sollten. Mit von der Partie waren auch der K. B. Ingenieur Geogaph von Coulon und ein französischer Gendarm, der für die Sicherheit des Zuges sorgen sollte. Hier sind nun die Aufzeichnungen der Madame Holpriger zu lesen, die sie während der Reise getreulich in ihrem Journal festgehalten
hat.
Foto R. Brundelius-Kuschel


Am 2ten Juno traf ich mit meinen Reisegefährtinnen Rosa Schulte-Menken und  Madame Trotte an der Anfangsstation unserer Reise auf einer lieblich gelegenen Wiese bei Unterseilberg nahe Grainet ein. Dort wurden wir von den schon dort versammelten Mitfahrenden herzlich begrüßt.


Es war ein sehr schwüler Tag und es dräute ein finsterer Gewitterhimmel, Schon hörte man von Ferne Donnergrollen. Doch zum Glück zog das Unwetter an uns vorbei. Es begann nur leicht zu regnen, was uns drei Damen nicht davon abhielt uns mit einem Bade in einem nahe gelegenen Teich zu erfrischen.

Zuvor hatten wir unser Zelt aufgebaut, das uns für die ersten zwei Nächte Schutz bieten sollte. Oberwagenmeister Vahnenbroek half uns unsere Strohsäcke zu füllen, er ist darin ein wahrer Meister.


Bald traf auch die Köchin in Begleitung ihres Gatten ein, welcher ihr auf der beschwerlichen Reise hilfreich zur Seite stehen sollte. Sie waren beladen mit reichlich Essensvorräten. Beeindruckend war die Menge der Dauerwürste, die sie auf Seilen aufreihten und unter Planen und Bäumen zum Trocknen aufhängten. Zum Abendbrod hatten sie köstliches Bauernbrod mit frischer Butter und eine kräftige Hühnersuppe mitgebracht. Hernach sanken wir satt und müde auf unsere wohlgestopften Strohsäcke.



Am 3ten Juno nach einer ruhigen Nacht wurden wir von der Sonne geweckt, die uns den ganzen Tag fröhlich lachte. Nach einem kräftigen Frühstück nahmen wir erst einmal ein erfrischendes Bad im See. Im Laufe des Tages trafen weitere Reisende und die Fuhrleute ein, mit denen wir uns bekannt machten. In der Mittagszeit erkundeten wir schon einen Teil der ersten morgigen Etappe. Da die Sonne recht herunter brannte, nahmen wir hernach erneut ein kühlendes Bad. Da es auf der Reise kaum Gelegenheiten geben würde, sich zu reinigen, wollten wir den See so oft als möglich auskosten.
Die Köchin richtete uns ein schönes Abendbrod mit köstlichen Bratwürsten.

Am 4ten Juno war der Himmel bedeckt, aber dennoch nutzten wir ein letztes Mal den lieblichen See zur Erfrischung und die Gelegenheit uns mit der Schultens vortrefflicher Seife die Haare zu waschen. Am Nachmittag wurden probeweise die Wagen bepackt, denn für den nächsten Morgen war ein früher Aufbruch geplant, da musste jeder Handgriff sitzen. Dabei stellten wir fest, dass der Platz auf den Wagen für das viele Gepäck nicht ausreichte, also hieß es für jeden alles für die Reise nicht unbedingt Notwendige auszusortieren. Das Zelt musste natürlich auch zurück bleiben. Von nun an schliefen die Meisten von uns in einem Gemeinschaftslager unter zwei großen Planen.
Doch zuvor labten wir uns an einem kräftigen Abendbrod.


Am 5ten Juno begann nach einer kalten, taunassen Nacht unsere Reise, die für die Rösser, welche unsere Wagen ziehen, sehr beschwerlich werden sollte. Nachdem alle eine Mundvorrat in Form einer Mettwurst, eines Eies, eines Apfels und eines sorgsam verschnürten Päckleins Zwieback, welche die wackere Köchin für uns bereit gestellt hatte, entgegengenommen hatten, packten wir mit vereinten Kräften unser Lager zusammen, und um kurz nach neun brachen wir auf. Ziel war das auf etwa 1000 Meter Höhe gelegene Dörfchen Schwendreut. Für die erste Passage hatte ich mit dem Herren Telegrafen Bommel, mit dem es sich trefflich plaudern lässt, einen Platz im bequemen Landauer.  Zu unseren Füßen stand in einem Korb der von Vahnenbroek für den Reiseproviant bis zum Rand gefüllte Honigtopf, der dort auf der ganzen Reise immer sicher verstaut wurde.
Schon nach kurzer Strecke trennte sich unser Zug, unser Theil wurde dadurch führerlos und prompt fuhren wir in die Irre. Der Landauer und einer der Planwagen kamen auf den steinigen Waldwegen, auf denen wir gelandet waren, nicht mehr durch. Unseren tapferen Fuhrleuten gelang es aber in einem gefährlichen Manöver und mit großer Sorge um die Haltbarkeit der Deichseln, die Wagen zu wenden. Da die Kutsche gehörig zu schaukeln begann und unser schneidiger Herr Bommel schon ganz grünlich um die Nase wurde, zogen wir es vor, vor dem Wendemanöver von der Kutsche zu steigen. Zu unserer großen Erleichterung fanden wir alsbald wieder den Anschluss an unseren Zug. Nun konnte ich in Ruhe die herrliche Natur des frühsommerlichen Bayerischen Waldes bestaunen: bunt blühende Wiesen im Wechsel mit wohl bestellten Feldern, bewaldeten Hügeln und darin eingebetteten schmucken Dörflein – all das erfreute Augen und Herz.


 Der Weg führte uns über Unterseilbach, dessen freundliche Bewohner uns freudig begrüßten und von denen uns manche gar ihre Türen öffneten und bewirteten. Nach kurzer Rast machten wir uns an den Anstieg. Die Rösser hatten es schwer und kamen nur langsam voran. Der am schwersten beladene Wagen erhielt Hilfe vom Gespann des Landauers, das die erschöpften Tiere für ein Stück der Steigung ablöste.
Als sollte dies alles nicht schon genug sein, machte das mitgeführte Muli, das als Lasttier für die Planen dienen sollte, seinem Führer Schwierigkeiten und bockte derart, dass es seine Last gänzlich abwarf und wieder eingefangen und zur Raison gebracht werden musste.
Nach allen Beschwernissen langten wir glücklich an unserem Ziel an und fanden bei einer kleinen alten Kapelle, welche reich mit heiligen Gemälden und einem hübschen Altar ausgeschmückt ist, einen schönen Platz vor, wo wir unser Lager aufschlagen konnten. Alle waren erschöpft und freuten sich auf das stärkende Abendbrod, das die Köchin mit ihren fleißigen Helfern zubereitet hatte.


Am 6ten Juno nach einer guten Nacht, welche wärmer und weniger klamm als die vorangegangene war - ich hatte trotz einiger Schnarcher sehr gut geschlafen - brachen wir nach dem Frühstück von diesem wunderschönen Orte auf. Wir befanden uns über den Wolken, die schwer über dem Tal hingen und so einen malerischen Anblick erzeugten.


Der Weg durch den grünen Wald und die bunten Wiesen war wunderschön, die Fuhrwerke liefen ruhig ohne Störungen und Zwischenfälle. Wieder hatte ich eine Passage im Landauer und mit Herrn Bommel eine sehr unterhaltsame Begleitung. Der Telegraf reist mit einer Gruppe junger Herren, die ihm in seinem Amte und für seine persönlichen Bedürfnisse zu Diensten sind. Allen voran sein Leibdiener Hans Handlanger, der stets bemüht ist seinem Herrn jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Er und sein lustiger Geselle, ein Zimmermann mit gewaltiger Werkzeugkiepe auf dem Rücken, wussten uns auf das Vergnüglichste zu unterhalten. Auch erhielten wir von Herrn Bommel ein keine Einführung in die Kunst der Telegraphie.
Unterwegs kam es wieder zu einem kleinen Zwischenfall. Auf dem schmalen Waldweg rollte uns an einer sehr engen Stelle ein gewaltiges Gefährt entgegen. Aber unsere wackeren Fuhrleute meisterten auch diesmal unerschrocken die Situation mit Bravour!
Wir kamen durch eine Ortschaft, in der unser bunter Zug wieder viel Aufsehen erregte. Auch hier erhielten wir einen freundlichen Empfang. Ein Herr hieß uns an seinem Haus anhalten und labte uns Reisende mit kühlem Bier und die Rösser mit Äpfeln, ja sogar für die drei mitgeführten Hunde fand er ein paar Leckerbissen.
Alsbald langten wir bei unserem nächsten Etappenziel Haidmühle an. Der Himmel zog sich grau und dräuend zu und bald begann es heftig zu regnen. Zwar konnten wir unsere Zelte und Planen aufbauen, aber an eine Übernachtung im Freien war nicht zu denken, so sehr liefen die Regenbäche über den Platz. Wir waren daher froh und dankbar, dass der Wirt, vor dessen Gasthof wir lagerten, uns den Pferdestall und Heuboden zum Schlafen anbot. Für ein besonderes Abendbrod sorgte unsere gute Köchin mit ihren Helfern, die unverdrossen bei strömendem Regen an der Feuerstelle für 35 hungrige Esser Forellen brieten und Kartoffeln kochten. Ein Festmahl, das wir in der Schänke mit großem Appetit verspeisten.
Hernach trafen wir im Stall Herrn Bommel, Ingenieur Herrn von Coulon und einige Jungtelegraphen in heiterer Runde an. Sie baten uns dazu und offerierten uns ein Gläschen Schaumwein als Schlummertrunk. Doch sehr bald übermannte uns die Müdigkeit und alle sanken erschöpft auf ihre Strohsäcke. Auch die Rösser, die im stürmischen Wetter draußen zu frieren begannen, wurden in den Stall gebracht, so dass es recht gemütlich warm wurde. Leider passierte ein kleines Malheur, unter dem Albert, der Leiter der Unternehmung, welcher nur noch in der Gasse einen Schlafplatz fand, zu leiden hatte. Die Kaltblüter waren für die engen Boxen des Stalles etwas zu groß – oder umgekehrt – jedenfalls reichte der Platz nicht aus um die gewaltigen Bäche, welche aus den Hinterteilen der Tiere flossen, aufzunehmen, so dass leider der Strohsack des davor Schlafenden in Mitleidenschaft gezogen wurde.


Am 7ten Juno zeigte der Himmel am Morgen ein griesgrämiges Grau und es war empfindlich kalt. Was war ich froh über meinen langen weiten Mantel, der mich ausreichend vor Nässe und Kälte schützte!


Wir packten wieder unsere Siebensachen ein und machten uns an die Weiterfahrt. Sie führte uns durch herrliche Landschaften, die genauso wie das Wetter sehr abwechslungsreich war. Von Hagel bis strahlenden Sonnenschein wurde uns alles geboten. Einmal gerieten wir zusammen mit den Jungtelegraphen in einen Wolkenbruch. Einer von ihnen fand einen  Unterschlupf unter einem großen Baum. Dort suchten wir Zuflucht und warteten den Regenguss ab. Um uns die Zeit zu vertreiben, stimmten wir einen Kanon an, den wir aus voller Kehle in den Wald schmetterten.


Offenbar hatten wir mit unserem Gesang die Wolken vertrieben, denn bald kam die Sonne wieder zum Vorschein und wir konnten unseren Weg fortsetzen. Die Route führte uns auch ein Stück auf böhmisches Territorium, dort begrüßten uns die Menschen mit einem fröhlichen „Ahoi!“. Ohne größere Vorkommnisse erreichten wir unser nächstes Ziel, den Runenhof in Schnellenzipf.


 Auf einer nahe gelegenen lieblichen Wiese schlugen wir flugs - inzwischen haben wir Übung – unser Lager auf. Eine Feuerstelle und ein ausgehobenes Loch für unsere Bedürfnisse fanden wir schon vor. Zunächst wehte noch ein frischer Wind, der sich aber allmählich legte, nachdem er alle Wolken weggefegt hatte. Der Mond stand klar am Himmel. Wir freuten uns auf das Abendbrod, das in Gestalt einer kräftigen Linsensuppe über dem Feuer dampfte.


Nach dem Essen standen wir in trauter Runde im hellen Mondenschein um das wärmende Lagerfeuer. Jemand stimmte Matthias Claudius' Abendlied an und viele weitere Gesänge folgten. Die stets lustige Schankmagd Magdalena versorgte uns derweil mit wärmenden hochgeistigen Getränken. Die sternklare Nacht war bitterkalt, am nächsten Morgen lag dichter Raureif auf den Wiesen.

Am 8ten Juno legten wir bei schönem Wetter eine lange Strecke zurück. Meist ging es durch den Wald. Hin und wieder stockte der Zug weil der Weg erkundet werden musste. Einmal war eine große Straße an einer Stelle zu passieren, wo aus drei Richtungen schnelle Gefährte unseren Zug überrollen konnten. Dies galt es zu verhindern, in dem sich in einer Richtung unser hochgewachsener französischer Gendarm in den Weg stelllte, in der zweiten die Trotte und in der dritten zwei Jungtelegrafen. Diese konnten gerade noch zwei Wagen, die von unten heranbrausten und den Anhaltern auszuweichen versuchten, zum Stehen bewegen. Von der zweiten Seite hielt die Trotte einen Wagen an. Gefährlich wurde es für unseren Gendarmen, denn ein großes schweres Gefährt fuhr von oben auf ihn zu und machte zunächst keine Anstalten anzuhalten, obwohl der groß gewachsene uniformierte Mann mit seinem großen Hut winkte. Erst im letzten Moment kam der Wagen mit rauchenden Rädern zum Stehen und endlich konnten wir die  Kreuzung gefahrlos überqueren.
Gegen Mittag durchfuhren wir das Dorf Phillipsreut, wo freundliche Anwohner unseren Pferden Wasser gaben, kurz danach machten wir Rast. Da wir schon recht spät dran waren, fiel diese nur kurz aus.
 Ich fand auf einer Blumenwiese Arnikapflanzen, ihre gelben Blüten dufteten herrlich. Großes Vergnügen fand ich daran auf dem Kutschbock zu sitzen und mit dem Kutscher zu plaudern während die wunderschöne frühsommerliche Landschaft an uns vorüberzog.






Die erste Etappe des Tages durfte ich zusammen mit Madame Trotte und der reizenden Madame Christa im Landauer mit Herrn Bommel verbringen, dessen guter Hans uns mit Wein und allerlei Leckereien verwöhnte. Wir Damen quietschen vor Vergnügen über Herrn Bommels Späße.


Das Nachtquartier war an diesem Tag noch ungewiss, obwohl es schon auf den Abend zu ging. Erst kamen wir an einer großen Sägemühle an, wo wir uns Hilfe bei der Quartiersuche erhofften, jedoch trafen wir dort niemanden an. Also zogen wir weiter in den Ort Mauth, wo wir mit herzlicher Gastfreundschaft aufgenommen wurden. Der dortige Bürgermeister wies uns einen schönen Platz an einem keinen See zu, lieferte Heu für die Pferde und sorgte für weitere Annehmlichkeiten. Ein älterer Herr brachte uns Feuerholz und Bier. An diesem Abend waren wir recht erschöpft. Wir begnügten uns mit einem kalten einfachen Abendbrod und sanken todmüde auf unsere Lager. Einige Nimmermüden sangen uns in den Schlaf.

Am 9ten Juno haben wir die letzte Etappe unserer Reise unternommen. Nach einer feucht-kalten Nacht stärkten wir uns mit einem guten Frühstück mit frischen Semmeln und Brezen vom Dorfbäcker: ein Genuss! Schon am frühen Morgen lachte uns die Sonne und es wurde recht heiß. Zum Glück war der letzte Abschnitt der Reise der kürzeste, aber dafür wurde es an manchen Stellen recht steil. Der Weg stieg gerade dort, wo kein schattenspendender Wald sondern freies Feld und Wiesen die Landschaft bestimmten, so an, dass wir tüchtig ins Schwitzen gerieten und die Pferde öfter getränkt werden mussten. Gegen 3 Uhr trafen wir am Zielort Finsterau ein. Dort gibt es einen stattlichen Gasthof, wo wir nach dem Aufbau des Lagers alle zusammen einkehrten. Wir bekamen zum Abendbrod ein gutes Rehragout mit einem mächtigen Knödel vorgesetzt, das uns trefflich mundete. Hernach sammelten wir uns um unser Lagerfeuer und erzählten von vergangenen Zeiten. Froh und glücklich die gefährliche Reise gesund (bis auf die zahlreichen Blasen an den Füßen der Wanderer) überstanden zu haben.


Am 10ten Juno wurden wir um 4 Uhr zur Nachtwache geweckt. In der Nacht hatte es so stark geregnet, dass das Mamsellchen Lena durch ein Loch im Zelt ganz durchnässt worden war. Schlaftrunken gesellte sich das Mädchen zu uns ans wärmende Feuer. Langsam graute der Morgen, der volle Mond sank hinter den Wald, aus dem weiße Nebelschwaden emporstiegen. Wie alle Vieruhrwachen hatten wir bereits den ersten Kaffee bereitet, der nun heiß am Feuer auf die ersten Erwachenden wartete.


Mit der Sonne, die fröhlich hinter den Wolken hervorlugte, wurde es langsam wärmer, aber es wehte ein frischer Wind, kurzum: gutes angenehmes Wetter! Nun machten die Schulte und ich uns daran unseren Verkaufsstand aufzubauen, die Seifen wurden bereit gelegt, die Hauben auf die Ständer drapiert.


Die fleißige Jungfer Drechsler war derweil damit beschäftigt die auf der langen Reise schmutzig gewordenen Hauben und Schürzen zu waschen und in der Sonne zu bleichen. Wir beide waren voller Vorfreude auf den Abend, denn Herrn Bommel hatte uns zu einer Soiree geladen.Wir wussten gar nicht so recht warum ausgerechnet uns diese Ehre zutheil wurde.
Madam Schulte-Menken und ich waren sehr zufrieden mit unseren Geschäften. Die wunderbar duftenden Seifen fanden großen Zuspruch und ich konnte wieder zwei Damen (eine Via Herrn Bommel) mit einer Haube glücklich machen.
Nachdem Abendbrod machten Mamsell Drechsler und ich uns mit unseren bescheidenen Mitteln so gut als möglich präsentabel – Jungfer Katharina bekam hierzu eine Haube aus meinem Bestand ausgeliehen, die ihr vortrefflich stand.


Mit unseren eilig improvisierten Gastgeschenken, frisch gepflückte Wiesenblumen und einem kleinen Fläschchen Waldbeerenliqueur, bewaffnet wurden wir von Herrn von Coulon uns zu beiden Seiten am Arm führend galant zum Lager des Herrn Bommel geleitet. Dieser hatte durch seine vorbildliche Dienerschaft alles auf das Bewundernswerteste vorbereiten lassen. Anwesend war auch der wackere Oberwagenmeister Vahnenbroek, der uns auf der ganzen Reise so sicher geleitet und angeführt hat. Nach diesem strapaziösen Amt hatte er sich diese Wohltat mehr als verdient.


Der Tisch war allerliebst mit Wiesenblumen und Heidelbeergrün geschmückt. Bekrönt wurde er von der zierlichen Miniatur eines Telegrafenmastes, wie sie nach Erzählung des Herrn Bommel derzeit auf Bällen als galante Nachrichtenübermittlung von Tisch zu Tisch Mode sind. Der treue Hans und sein Gefährte brachten, herbeigerufen vom hellen Glöckchen ihres Herren, immer aufs Neue allerlei Leckereien und köstliche Getränke, angefangen von Champagner über Wein und Port bis zu Rum aus Jamaica, wodurch die Stimmung in der Runde immer heiterer wurde. Die Konversation war durch die Anleitung des Gastgebers sehr angeregt. Wir lauschten interessiert den von Coulon und Bommel ausgetauschten Fachsimpeleien über geographische und telegraphische Angelegenheiten und schilderten reihum unsere Eindrücke der gemeinsamen Reise, die ja bei jedem ein wenig verschieden ausfielen. Zu unserem größten Vergnügen bekamen wir mehrere künstlerische Intermezzi geboten. Burkard, ein lustiger Geselle aus Bommels Gefolgschaft, brachte uns mehrere dramatisch und mit solcher Verve vorgetragene Lieder zu Gehör, dass Herr von Coulon jedes Mal begeistert aufsprang, heftig applaudierte und dem Sänger eine Karriere an der Oper voraussagte. Als krönenden Abschluss wurden wir durch ein kurzes Kasperltheater auf das Köstlichste unterhalten, so dass uns die hellen Lachtränen die von Sonne und Wein glühenden Wangen hinabliefen. Sogleich sprang ein Diener heran und reichte auf einem Tablett ein buntes Taschentuch, mit dem die Tränen getrocknet werden konnten. Alsdann begaben wir uns wieder zu den anderen Mitreisenden am Lagerfeuer, wo wir fröhlich plaudernd den Abend ausklingen ließen.

Am 11 Juno wurde es Zeit zum Abschiednehmen. Jeder packte seine sieben Sachen zusammen und einer nach dem Anderen zog nach einem gemeinsamen Mittagsmahl im schönen Gasthof zu Finsterau und einem bewegten Ade wieder seines Weges.